Agile Strategieentwicklung

Wie soll etwas wie Strategie, das die Richtung eines Unternehmens vorgeben soll, agil sein? Sollte man auf die ganze Dynamik und Schnelllebigkeit unserer Umwelt nicht besser mit Kontinuität und Stabilität reagieren? Und überhaupt: hat der Hype „Agilität“ jetzt auch schon auf die Strategiearbeit übergegriffen?

Stellen Sie sich vor, Sie besitzen ein kleines nettes Bistro auf der Schweizer Seite des Bodensees. Sie sind ein sehr umtriebiger und professioneller Unternehmer und erstellen in einem 5-Jahres-Zyklus eine Strategie für Ihr Unternehmen. Die vergangenen fünf Jahre hatten es allerdings in sich: die Aufhebung der Franken-Euro-Anbindung hatte nicht nur unmittelbare Auswirkungen auf Ihre Gäste – viele Tagesgäste aus Deutschland blieben aus – sondern auch auf Ihre Lieferanten: Produkte aus dem Ausland waren plötzlich wesentlich günstiger zu beziehen als heimische Produkte, was allerdings konträr zu Ihrer Strategie – nur lokale Produkte anzubieten – lief. Zudem machten sich Food-Trends wie Low Carb oder Vegan immer stärker bemerkbar, was auch nicht konform mit ihrer Strategie, traditionelle Schweizer Küche anzubieten, ging. Wie sollten sie als Unternehmer hier reagieren? Ihre Strategie, die sich mit den Werten Tradition, Qualität und Ursprüng­lichkeit beschreiben lässt, weiterhin verfolgen? Oder sich den Trends anpassen und riskieren in der Masse unterzugehen?

Eine Strategie ist vor allem in einer VUKA-Welt massgeblich
Je dynamischer die Umwelt wird, desto wichtiger wird eine Strategie für Ihr Unternehmen! Experten sprechen davon, dass wir von einer VUKA-Welt, also einer Welt, die durch Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität (= Mehrdeutigkeit) gekenn­zeichnet ist, umgeben sind und dass sich das auch bis auf weiteres nicht ändern wird. Disruptive Geschäfts­modelle und neue Technologien, die voran­schreitende Digitali­sierung und die daraus resultierende globale Vernetzung bringen Veränderungen in einer Geschwindig­keit und mit einer Tragweite, die wir bis dato noch nicht kannten. In dieser Welt ist es ein Leichtes, seine Orientierung zu verlieren, in ziellosen Aktionismus zu verfallen und vor­schnelle Entschei­dungen zu treffen, die langfristig nicht sinnvoll sind. Genau diese dann notwendige Orientierung kann eine Strategie bieten: Sie kann dazu beitragen die richtigen Entschei­dungen zu treffen, Gelassenheit anstelle von Panik walten zu lassen, und sie kann Ihnen jene Stabilität geben, die Ihr Unternehmen benötigt, um als vertrauens­würdig und authentisch von Seite der Kunden, der Lieferanten und auch der Arbeitnehmer wahrgenommen zu werden.

Also doch alles beim Alten? 
Soll das nun heissen, wir machen die Dinge so, wie wir sie immer schon gemacht haben und halten stur an dem fest, was wir vor 5 Jahren beschlossen haben? Nein, das ist damit nicht gemeint! Traditionelle Strategie­entwicklungs­prozesse verfolgen einen eindimen­sionalen Top-Down-Weg analog eines Wasserfalls, der von oben nach unten fliesst. Die Wunschzukunft wird zuerst in eine Vision und in einzelne Ziele gepackt, um daran anschliessend daraus Massnahmen abzuleiten, die das Ganze wahr werden lassen sollen. Sich in dieser Zeit ändernde Rahmen­bedingungen werden möglichst lange negiert, Trends versucht man mit dem Argument „das wird auch wieder vergehen“ auszusitzen und generell besinnt man sich konsequent seiner Werte und Qualitäten. Letzteres tun auch agile Strategie­entwicklungs­methoden – allerdings messen sie den aktuellen Umständen und Gegeben­heiten einen höheren Stellenwert bei. Anstelle der Eindimen­sionalität sogenannter traditioneller Wasserfall-Methoden unterstützen sie iterative Vorgänge, die es immer wieder erlauben, strategische Ziele hinsichtlich ihrer Umsetz­barkeit zu prüfen. Sind die für die Zieler­reichung möglichen und kritischen Erfolgs­faktoren und die dazu gehörenden not­wendigen Bedingungen weiterhin vorhanden? Oder haben sich diese Punkte in einem Ausmass geändert, das auch die Überarbeitung der festgelegten strategischen Ziele notwendig macht? Dies kann durch eine entsprechend einfache Darstellung sehr schnell überprüft bzw. nachvollzogen werden. Stellen sich die not­wendigen Bedingungen (bspw. Definieren der Stellen­beschreibung, Ausschreiben und Suche von geeigneten Kandidaten über Stellen­inserate) nicht ein, werden die kritischen Erfolgs­faktoren (bspw. Finden eines geeigneten Stellen­inhabers) nicht realisiert und damit kann das Ziel (bspw. mehr Präsenz beim Kunden) nicht erreicht werden.

Eine adäquate Herangehensweise für KMU
Diese Herangehens­weise stellt insbesondere für KMU ein adäquates Muster dar, da KMU zumeist von ihrem Kontext stark abhängig sind. Nur in den seltensten Fällen besitzen sie die Marktmacht, grundlegende Veränderungen zu bewirken, noch die Ressourcen grosse Innovationen hervorzubringen. Denken Sie an Zuliefer­betriebe, die unmittelbar von der Strategie ihres Kunden abhängig sind. Oder an unser eingangs erwähntes Bistro, das mit den Veränderungen seiner Umwelt umgehen muss, will es langfristig am Markt bestand haben. Ich ermutige meine Kunden immer wieder, Strategie als etwas Lebendiges und nicht als ein einmal verfasstes Dokument, das nachher in einer Ablage ungelesen verkümmert, zu betrachten. Arbeiten Sie mit und an Ihrer Strategie! Sehen Sie Ihre Strategie nicht als Gegner, sondern als Verbündete, die Ihnen hilft, den Kopf in diesen dynamischen Zeiten nicht zu verlieren. Agile Strategie­entwicklungs­prozesse gehen hier in die richtige Richtung!

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Herzlichst,
Ihr Urs Frey

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